Gum Country – „Somewhere“ (Kingfisher Bluez)
Verzerrung, Fuzz, ein motorischer Groove mittlerer Drehzahl: So fährt „Somewhere”, das Debütalbum von Gum Country entspannt durch die Landschaft. Dazu die von der Welt losgelöst scheinende, unemotionale Stimme von Courtney Garvin (alias Courtney Loove von The Courtneys). Das Projekt Gum Country begann, als Courtney Garvin in Vancouver gemeinsam mit dem Musiker Connor Mayer, einige Lo-Fi-Aufnahmen machte. Ganz spontane Skizzen, aufgenommen in verschiedenen Apartments, mit nachbarschaftsschonender Lautstärke. Acht Tracks wurden 2017 zur ebenfalls „Gum Country” betitelten Kassette zusammengestellt.
Auf „Somewhere” finden sich jetzt diese acht Tracks in überarbeiteten – sozusagen „professionelleren” – Versionen. Dazu kommen die neuen Songs „The Queen Rules”, „There’s A Crumb”, „It Lives, It Breeds, It Feeds” und „Talking To My Plants”. Diesmal in einem regulären Studio in Los Angeles aufgenommen, wohin es die beiden Musiker*innen inzwischen verschlagen hat. Hatte das Tape noch den Charme des unfertigen, hat das Album einen Druck – oder „Wumms”, wie Olaf Scholz sagen würde – der den Songs sehr gut bekommt.
Psychedelischer Noise-Glam-Pop
Die Band selbst nennt als Einflüsse Yo La Tengo, Meat Puppets, The Magnetic Fields und Stereolab. Wobei insbesondere letztere wohl eher spirituell Pate gestanden haben, als dass man ihren Einfluss direkt in der Musik hören könnte. Bestenfalls gibt es eine Parallele in den stoischen Krautrock-Beats, für die beide Bands einen Faible haben und in der Distanziertheit des Gesangs. Deutlicher erkennbar sind hingegen Sympathien zu Kim Deal und ihrer Band The Breeders, vor allem aber zur zweiten, rockigeren Welle des Neuseeland-Pops Mitte der 1990er mit Bands wie Chug oder dem letzten Album der JPS Experience. Interessanterweise ist das legendäre neuseeländische Label Flying Nun, auf dem diese Bands ihre Alben veröffentlichten, heute die Heimat von The Courtneys.
„Somewhere” ist Pop ohne große Emotionen. Es ist vorwärtstreibender, psychedelischer Noise-Glam-Pop. Eine Nostalgie für eine Nostalgie, übertragen in den Augenblick. Zu den Highlights zählen das geradezu hüpfende „Tennis” und der wunderbare „Brain Song” mit einem 70er-Jahre-Keyboard, das deutsche Ohren am ehesten an Superpunk erinnern wird. Der Titeltrack „Somewhere” treibt die Geistesverwandschaft zum Kiwi-Pop auf die Spitze und macht gleich zu Beginn, deutlich, wohin die Reise geht.
Veröffentlichung: 19. Juni 2020
Label: Kingfisher Bluez