ShitKid – „Sort Stjerne!“ (Rezension)

Von Marius Magaard, 16. Juni 2021

Bild des Albumcovers von „Sort Stjerne!“ von ShitKid

ShitKid – „Sort Stjerne!“ (PNKSLM Recordings)

8,3

Åsa Söderqvist hat die Indie-Rock-Karriere in nur fünf Jahren durchgespielt. Die schwedische Musikerin und Songwriterin startete die Laufbahn ihres Projekts ShitKid als aus dem Schlafzimmer heraus produzierende Künstlerin. Die frisselig verzerrten Lo-Fi-Tracks ihrer 2016 veröffentlichten selbstbetitelten Debüt-EP sorgten mit ihrer Mischung aus traditionellen Rock-Elementen und experimentell ausgewaschener Sound-Ästhetik schnell für internationale Aufmerksamkeit. Es folgten drei LPs, Auftritte bei Szene-Festivals wie dem SXSW, über den Globus verteilte Konzerte, ein Soundtrack und – als Ritterschlag – eine gemeinsame LP mit gleich zwei Ikonen der kaputten Gitarrenmusik: The Melvins und Paul Leary, Gitarrist von The Butthole Surfers.

Und was macht man, wenn man etwas durchgespielt hat? Aufhören. Im vergangenen Jahr, kurz nach der Veröffentlichung ihres dritten Albums „20/20 ShitKid“, verkündigte Söderqvist die Auflösung dieses Projekts. Das macht „Sort Stjerne!“, schwedisch für „Schwarzer Stern“, zum offiziellen Ende des Kapitels ShitKid. Und es schließt nicht mit einem durchkomponierten Album, sondern mit einer Sammlung unveröffentlichter Tracks.

Einzigartiges Sludge-Pop-Finale

Was aber überhaupt nicht bedeutet, dass diese LP kein Momentum hat. Auch wenn es sich hier um eine Raritätensammlung handelt, fühlt sich „Sort Stjerne!“ ein bisschen wie ein Greatest-Hits-Album an. Söderqvist reist im Verlauf der 23 Songs durch die Phasen ihrer Karriere, beginnend mit den Lo-Fi-Klängen ihrer ersten EPs und ihres Debütalbums „Fishes“. Der erste Song „Have You Heard About Me“ ist ein von digitalem Rauschen verzerrter Blues. „Song Bout Gold“ ist ein selbstbewusst schranziger Garage-Rock- und Noise-Pop-Hybrid. „Woo 2“ und ist eine wundervolle Lo-Fi-Schrammelei, irgendwo zwischen Beat Happening und den frühen Girlpool angesiedelt. Alle diese Songs sind sehr kurz und on point. Sie sind auf charmante, an Guided By Voices erinnernde Art und Weise ökonomisch: brauchen nicht mehr als ein paar billige Mikros, GarageBand und Söderqvists zwischen lakonischem Genöle und triumphalem Gesang wechselnden Stimme, um sich fest ins Ohr zu setzen.

Und auch die aufwändiger produzierten Stücke überzeugen – und demonstrieren, wie tief die ShitKid-Diskografie in ihrer kurzen Zeit graben konnte. Söderqvist spielt erhabenen, The Cure und Bauhaus zitierenden Goth-Synth-Pop („Dampstep“). In „Round The Beach“ und „Seen It Before“ zeigt sie die seltsame Pop-Punk-Zauberei, die sich auch auf ihrem zweiten Album „Detention“ findet. „Faith In The Young“ ist eine wunderbare Dream-Pop-Miniatur. Mit seinen das Zwerchfell massierenden Riffs und eingängigen Refrains spannen Songs wie „No More Success“ oder einen „Time’s Spent“ eine seltsame Liaison zwischen Sludge und Pop, die so nur Söderqvist beherrscht. „Sort Stjerne!“ mag aufgrund seiner Form mehr Epilog als Finale sein. Und trotzdem fühlt sich diese LP auf unaufdringliche Art und Weise spektakulär an: wie ein letzter Kraftbeweis einer großen Künstlerin.

Veröffentlichung: 11. Juni 2021
Label: PNKSLM Recordings

Bild mit Text: Förderverein „Freunde von ByteFM“

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