Yard Act – „The Overload“ (Album der Woche)

Bild des Albumcovers von „The Overload“ von Yard Act, das unser ByteFM Album der Woche ist.

Yard Act – „The Overload“ (Island Records / Universal)

Man kann mittlerweile wirklich die Uhr danach stellen: ein neues Jahr, eine neue Welle an gehypten Gitarrenbands aus dem britischen Raum. Eine neue Klasse aus auf ihre eigene Art und Weise irgendwie originellen und dennoch aus den gleichen Grundbausteinen zusammengesetzten Gruppen. Wir holen kurz Luft und erinnern an die bisherigen Kandidat*innen: Black Midi, Black Country, New Road, Dry Cleaning, Goat Girl, Idles, Squid, etc. pp. Bei der schieren Menge an sogenannten „Must-Listens“ aus Großbritannien muss man sich langsam eine Frage stellen: Wann platzt die UK-Post-Punk-Bubble?

Warum sollten Sie, geschätzte*r Leser*in, dennoch sofort und unverzüglich in Yard Act investieren? Das Quartett aus Leeds erfüllt, oberflächlich betrachtet, so ziemlich alle Punkte der Hype-Band-Checkliste: Kantig verzahnte Riffs? Check. Melodisches Bass-Gepumpe? Wieder ein Haken gesetzt. Verschmitzte Disco-Beats? Check. Noch verschmitztere, im starken Lokal-Akzent skandierte Wortsalven? Aber sowas von Check.
Der Name ihres Debütalbums, „The Overload“, lässt sich dementsprechend ziemlich gut auf die britische Post-Punk-Szene beziehen. Darum geht es auf dieser LP aber nicht. Stattdessen bringen Yard Act den spätkapitalistischen Alltag zum Tanzen: „The Overload“ ist ein eleganter Spagat zwischen politischer Theorie à la Mark Fisher und explizit Spaß machender Musik.

Buy, buy, buy!

Mehr noch als ihre Kolleg*innen tragen Yard Act den durch und durch hedonistischen Madchester-Sound der frühen 90er-Jahre in ihrer DNA. Immer und immer wieder erklingen Breakbeats, die auch von Bands wie Happy Mondays oder der stilprägenden „Fool’s-Gold“-Single von The Stone Roses stammen könnten. Und auch die nicht direkt clubtauglichen Songs beziehen sich stark auf die extrem groove-orientierte frühe Gang-Of-Four-Schule.

Im Kontrast zu dieser körperbetonten Musik stehen die kopflastigen Lyrics. Texter und Sänger James Smith erzählt mit an seinen Nachnamensvetter Mark E. Smith erinnerndem Sprechgesang vom „Ghetto-Fetisch“ der spießbürgerlichen Linken, die eigenen Salat anbaut und sich mit den metaphorischen Schlaglöchern ihrer Nachbarschaft schmückt. In „Land Of The Blind“ holt er zum Rundumschlag gegen die Geschichte seiner Heimat aus – und endet mit einen ultimativen Zaubertrick: „If you just lend me that fifty pence piece in your hand / And then close your eyes / I’m going to make me and this fifty pence piece disappear.“

Auch wenn die Texte in ihrem adoleszenten Besserwissertum manchmal für leichtes Augenrollen sorgen können, macht Smith das mit seinem mit spürbarer Freude dargebotenem Silbengespucke wieder wett. Das macht „The Overload“ zu solch einem frischen Erlebnis, das aus dem heillos übersättigten UK-Post-Punk-Markt hervorsticht. Wohl auch deshalb hat sich die Band bereits 2021 beim Reeperbahn Festival International Music Award durchgesetzt und konnte den begehrten ANCHOR Award mit nach Hause nehmen. Gesellschaftskritik klang selten so leichtfüßig wie hier. Unser offizielles Ranking der Yard-Act-Aktie: Buy, buy, buy!

Veröffentlichung: 21. Januar 2022
Label: Island Records / Universal

Bild mit Text: „Ja ich will Radiokultur unterstützen“ / „Freunde von ByteFM“

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