School Of Rock Róisín Murphy (1995-2023)

Sie sei eine Peggy Lee auf Meskalin, jemand, mit dem man gerne die Nacht durchfeiern möchte, sich aber besser nicht anlegen sollte. Ihre Musik ist genauso auf dem Punkt wie immer etwas neben der Spur: Am 8. September 2023 erscheint mit  „Hit Parade“ das sechste Solo-Album von Róisín Murphy.
Während sie für diese Produktion mit dem „Beethoven der Ableton-Produktion“ (Murphy) DJ Koze zusammengearbeitet hat (dem „master of what you might call the subtle banger“, wie der Guardian gerade schrieb), sind die vorherigen Veröffentlichungen der irischen Musikerin mit anderen, ebenso außergewöhnlichen Produktionspartnern entstanden.
Die School Of Rock kann daher beim Überblick von Róisín Murphys Karriere seit 1995 im Überfluss auf Musik zurückgreifen, die die Grenzen von clubtauglichem Art-Pop und Autoren-Disco regelmäßig neu vermessen hat.

Seit ihren Anfängen in Sheffield mit Mark Brydon als Moloko über die Solo-Platten mit solchen Eigenbrötlern und Pionieren wie Matthew Herbert, Maurice Fulton, Richard Barrat (alias Crooked Man) oder die Platten mit Multi-Instrumentalist Eddie Stevens zieht sich bis heute die unverwechselbare Energie und Ausstrahlung von Róisín Murphy als roter Faden durch ihre Diskografie.
Zu gleichen Teilen inspiriert von Iggy Pop, Cindy Sherman, George Michael und Beyoncé ist Murphy das fehlende Bindeglied zwischen Grace Jones und Lady Gaga.
Der britische Schriftsteller und Kulturwissenschaftler Mark Fisher attestierte Murphy in seinem K-Punk Blog bereits Ende der 1990er das seltene Charisma, das einen Pop-Star von einer Pop-Sängerin unterscheide: Sie habe dieselbe paradoxe Gleichzeitigkeit von Selbstbesessenheit und Indifferenz ihrem Image und Auftritten gegenüber, die auch einen Mick Jagger oder einen Bryan Ferry so lässig perfekt und unperfekt zugleich mache.

Ihre Stimme ist seit den Moloko-Hits „Sing It Back“ und „The Time Is Now“  im balearisch-hedonistischen Unterbewusstsein der Clubkultur eingeschrieben, ihre eigenwilligen Avantgarde-Kostümierungen Zeugnis einer Parallelwelt-Karriere, in der der an Murphy eine visuelle Künstlerin verloren gegangen ist.
Die mittlerweile 50-jährige Künstlerin wirkt dynamisch wie eh und je und liefert ihren Fans die sonst für 30 Jahre jüngere Künstler*innen typisch regelmäßige Social-Media-Teilhabe an ihrem regen Tourleben.
Gerade erst hat sie als Feature-Gast bei Kollegin Jessie Ware nebenbei noch ihren inneren Disco-Freak rausgelassen, jetzt steht Róisín Murphy im Mittelpunkt einer Stunde voll surreal-glamouröser Momente epischer Prog-House-Sounds und anderer Sonderbarkeiten.

(Foto: Nik Pate)